3 weiche Techniken der Schlagfertigkeit, die Gespräche voranbringen

 
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 In meinem letzten Artikel habe ich dir 5 harte Schlagfertigkeits-Techniken vorgestellt. Sie sind optimal geeignet, um selbstbewusst Grenzen zu setzen und deutlich zu machen: ‚So lasse ich nicht mit mir reden.‘ Das kann notwendig sein, wenn es sich um besonders herausfordernde Gesprächs-Situationen handelt.

Diese Herausforderungen können die Form von Beleidigungen, Vorwürfen oder unsachlicher Kritik annehmen. Auch wenn solche Eskalationen hin und wieder vorkommen mögen, hoffe ich doch, dass sie dir im Großteil aller Kommunikations-Situationen erspart bleiben. Solche Situationen sind nicht nur extrem stressig, sie ziehen oft auch einen ganzen Rattenschwanz brisanter Momente nach sich.

 

Der Sender einer Botschaft verschwindet nicht einfach ...

Denn meist ist es natürlich nicht so, dass ein verbaler Angriff aus dem Nichts kommt, den du wie die geborene Schlagfertigkeits-Ninja-Kämpferin zurückspielst und sich danach alles in Wohlgefallen oder Triumph-Gefühlen auflöst. Oder dass der Sender der Botschaft einfach verschwindet.

Das mag auch vorkommen – etwa, wenn es sich um eine verbale Attacke auf der Straße handelt. Du verteidigst dich, und danach hast du hoffentlich nie wieder was mit diesem Menschen zu tun.

Viel häufiger wird es jedoch passieren, dass dir weitere Gesprächs-Situationen mit der Person bevorstehen, mit der es gerade kommunikativ schwierig ist. Etwa, weil es sich dabei um einen Kollegen, eine Vorgesetzte oder eine Person aus deinem näheren sozialen Umfeld handelt.

Nie wieder miteinander zu kommunizieren ist dann keine Option. Ebenso wenig, wie jedes Mal das gesamte Arsenal verbaler Verteidigungsstrategien auffahren zu müssen.

 

Kommunikation und Verständnis bringen uns weiter.

Ich bin überzeugt, dass es in der Kommunikation nicht darum gehen sollte, sich zu verteidigen oder zu schützen. Verständnis ist das, was uns weiterbringt: durch Nachfragen, wirkliches Zuhören, Wertschätzung und offenen Austausch. Dann entstehen Verbindungen und Mitgefühl: das braucht unsere Welt 2018 mehr als alle Verteidigungs-Strategien.

Allzu oft werden Schlagfertigkeits-Techniken im Sinne von ‚Abwehr und Vergeltung‘ benutzt. Dadurch wird das kommunikative Klima aber meist nicht besser, sondern noch belasteter.

 

Kein Frieden durch kommunikative Vergeltungsschläge.

Es hat noch nie mehr Frieden gebracht, jemandem einen Angriff mit gleicher Münze oder schlimmeren Maßnahmen zurückzuzahlen: warum sollte es im Fall von mündlicher Kommunikation anders sein?

Wenn du einen verbalen Angriff auf der gleichen Ebene zurückgibst, kann der weitere Gesprächs-Verlauf leicht eskalieren. Denn möglicherweise steckt die andere Person dann nicht zurück, sondern geht ihrerseits in die Verteidigung: ein Wort gibt das andere, die Stimmen werden immer lauter und die Anschuldigungen hitziger. 

Am Ende bleibt ein emotionales Trümmerfeld zurück, das sachliches Weiterreden mindestens erschwert. Denn auch wenn du als ‚Gewinnerin‘ aus einem verbalen Schlagabtausch rausgehen solltest, fühlt sich die andere Person als ‚Verliererin‘ – und dieser Eindruck wird weiter gären und den weiteren Umgang miteinander beeinflussen.

 

Wie du anders Grenzen setzen kannst

Versteh mich richtig: ich bin absolut dafür, Grenzen zu setzen und sich nicht alles gefallen zu lassen. Gerade, wenn es sich um verbale Entgleisungen, Anfeindungen oder Beschimpfungen handelt. Doch du kannst auch dadurch Grenzen setzen, indem du dich für ein anderes kommunikatives Miteinander einsetzt - und mutig vorangehst. 

Denn ich glaube, dass die Frage sein sollte: wie können und wie wollen wir miteinander kommunizieren? Welche Werte stehen hinter der Art, wie wir mit anderen sprechen und interagieren? 

Das sind Fragen, die wir uns nicht erst stellen sollten, wenn eine Kommunikations-Situation entgleist und unangenehme Folgen nach sich zieht. Wir alle können lernen, bewusster miteinander zu kommunizieren

 

Es braucht 5 positive Handlungen, um eine negative aufzuwiegen.

John Gottmann erforschte die Beziehungen von Paaren und hat die Balancetheorie geprägt: der zufolge braucht es 5 positive Interaktionen, um eine negative Äußerung oder Handlung aufzuwiegen. 

Nach einem Vorwurf oder einer abschätzigen Bemerkung sind 5 wertschätzende, liebevolle Äußerungen oder Handlungen erforderlich, um die Verletzung der einen auszugleichen.

Negative Handlungen und abschätzige Wortmeldungen beißen sich in den Gefühlen und Erinnerungen fest. Es braucht Zeit und ehrliches Engagement, um sie auszugleichen und eine positive Basis wiederherzustellen.

Vertrauen ist so schnell weg. Eine gewaltvolle Aktion kann in einer Minute die Beziehungsbemühungen vieler vorangegangener Momente zunichtemachen.

Auch in anderen zwischenmenschlichen Begegnungen als in Paar-Beziehungen sollten die Spielarten positiver Kommunikation deutlich überwiegen, um eine tragfähige Basis für wirklichen Austausch zu schaffen.

Schlagfertig sein und gleichzeitig Lösungen voranbringen? 

Deswegen werfen wir jetzt einen Blick auf das Thema Schlagfertigkeit mit einer neuen Art der Fragestellung: welche Techniken gibt es, die Lösungen und gegenseitiges Verständnis befördern?

Dabei mögen die Herausforderungen im Einzelfall besonders kitzelig sein: denn sicher gibt es Kommunikationssituationen, in denen du auf der einen Seite signalisieren willst: ‚Stopp, so nicht!‘

Gleichzeitig möchtest du aber mit der betreffenden Person im Gespräch bleiben, ihre Anliegen verstehen und selbst Gehör finden. Kommunikation ist keine Einbahnstraße – du kannst sie mit deinem Handeln mitprägen. Frei nach dem Sprichwort: ‚Wie du in den Wald hineinrufst, so kommt es zurück.‘

 

Du kannst Kommunikation aktiv gestalten.

Das funktioniert auch, wenn die andere Person sich auf eine Art verhält, die dir nicht zusagt. Mit der nächsten Interaktion von deiner Seite aus kannst du den Umgangston in einem Gespräch verändern und positiv beeinflussen. Das funktioniert auch im vermeintlich Kleinen: wie in einer schwierigen Gesprächs-Situation.

Schauen wir uns 3 Strategien der Schlagfertigkeit an, die Gesprächs-Lösungen befördern…

 

1.       Die Äußerung in eigenen Worten wiederholen

Wenn du eine Äußerung in eigenen Worten wiederholst, paraphrasierst du sie. Das Paraphrasieren ist eine hocheffektive Strategie, mit der du Gespräche aktiv gestalten kannst. Damit überprüfst du, ob du eine Aussage so verstanden hast, wie dein Gesprächspartner sie gemeint hat.

Manche nennen diese Gesprächsstrategie auch ‚spiegeln‘, andere benutzen dafür den noch treffenderen Begriff ‚aktives Zuhören‘. Und hier merkst du schon: das ist keine Strategie, bei der es um einen schnellen Schlagabtausch und um das Gewinnen nach Punkten geht.

Stattdessen setzt du dich in eigenen Worten mit der Aussage deines Gegenübers auseinander. Du sagst ihm, was du verstanden hast oder wie du eine Äußerung verstanden hast. Im nächsten Schritt vergewisserst du dich, ob das auch das ist, was die andere Person gemeint hat. So kannst du in einem Gespräch die Verständigung sichern und Missverständnisse sofort ausräumen.

Paraphrasieren tut jedem Gespräch gut: schließlich ist nichts verbindender, als einander wirklich zu verstehen. Wenn du eine Äußerung in einer angespannten Kommunikations-Situation wiederholst, kannst du damit mehrere Dinge bewirken. 

 

3 Dinge, die du durch eine Paraphrase machst: 

  • Du signalisierst deinem Gegenüber, dass du seine Äußerung gehört hast und sie ernst nimmst. Auch wenn sie Inhalte hat, die deiner eigenen Meinung widersprechen.

  • Du nimmst das Gespräch in die Hand, indem du die Aussage in deinen eigenen Worten wiedergibst und kannst die nächste Reaktion deines Gegenübers viel bewusster steuern oder mitgestalten.

  • Du zeigst, dass du dich nicht auf die gleiche Ebene begeben wirst, auf der dein Gesprächspartner kommuniziert. Stattdessen strebst du eine ernsthaftere oder sachliche Art der Auseinandersetzung an.

Du hältst deinem Gegenüber einen Spiegel vor

Mit dem Paraphrasieren hältst du deinem Gesprächspartner gleichsam einen Spiegel vor. Wütende Äußerungen, Vorwürfe und Kritik kannst du in einem sachlichen, neutralen Tonfall wiederholen und ihnen dadurch viel von ihrer Spitze nehmen. 

So gespiegelt, wird deinem Gegenüber seine Aussage möglicherweise unangenehm sein: er hört sie nochmal mit eigenen Ohren und wird sie wahrscheinlich zurechtrücken wollen oder gleich ganz zurückrudern. Das ist das Geheimnis eines Spiegels: er zeigt, was ist. Die Bewertung des gespiegelten Bildes nimmt die in den Spiegel blickende Person selbst vor. 

Wertfreies Wiederholen versachlicht ein Gespräch.

Paraphrasieren hilft dir, um Gespräche auf eine sachliche Ebene zu stellen. Gleichzeitig demonstrierst du damit deine Handlungsfähigkeit. Das ist entscheidend, wenn du z.B. mit einer Person weiter zusammenarbeiten musst und die Auseinandersetzung deswegen nicht endgültig eskalieren darf.

Wichtig beim Paraphrasieren ist Folgendes: du wiederholst die Aussage in eigenen Worten und gibst damit wieder, was dein Gesprächspartner gesagt hat. Das bedeutet, dass deine eigenen Wertungen nicht da hineingehören. Lass deine eigenen Moralvorstellungen raus und kritisiere das Gesagte nicht.

Noch mal: Eine Paraphrase wirkt durch den Spiegel-Effekt!

Beispiele:

A: Ihre Ausführungen sind total unsinnig!
B: Meine Ausführungen gefallen Ihnen nicht. Habe ich Sie da richtig verstanden?

A: Sie scheinen ein schwieriges Verhältnis zu Autoritäten zu haben.
B: Sie vermuten, dass ich Probleme habe, Obrigkeiten zu akzeptieren. Verstehe ich Sie richtig?

A: Denken Sie an das, was wirklich wichtig ist.
B: Sie haben den Eindruck, dass ich mich nicht auf das Entscheidende fokussiere. Korrekt?

 

2.       Die Bemerkung emotional spiegeln

Das emotionale Spiegeln ist genau genommen eine Ergänzung des sachlichen Paraphrasierens. Du meldest nicht nur die eigentlichen Worte deines Gesprächspartners zurück, sondern auch die darunterliegenden Gefühle. Denn oft sind Vorwürfe oder sonstige Angriffe der Ausdruck von Problemen auf der Gefühls- oder Beziehungsebene.

Dein Gesprächspartner spricht diese Gefühle wahrscheinlich nicht direkt aus – trotzdem sind sie da und wollen natürlich auch wahrgenommen werden. Das kannst du machen, indem du sie ansprichst.

Pass dabei auf, dass du nicht ins Interpretieren rutschst: das passiert besonders schnell, wenn es um Gefühle geht. Verhindern kannst du das, indem du das emotionale Spiegeln auch hier mit einer Rückfrage verbindest. Dann kann dein Gegenüber bestätigen, ob du seine Gefühle erkannt hast. 

Emotionales Spiegeln klappt nur, wenn du dein Gegenüber wirklich verstehen willst.

Beim emotionalen Spiegeln ist eine Sache entscheidend: es funktioniert nur, wenn es dir wirklich ein Anliegen ist, die Problemsicht deines Gesprächspartners zu verstehen. Du hörst genau hin und versetzt dich durch das emotionale Paraphrasieren in dein Gegenüber hinein.

Dadurch wirst du mehr erfahren über seine Motive, Hintergründe und seine Ansichten. Das ist sicher nicht immer ‚der leichte Weg‘. Es ist herausfordernder, als die Sicht des Gesprächspartners einfach zu negieren und abzublocken. Aber es ist der Weg zu wirklichem Verständnis – und zu nachhaltigen Gesprächslösungen.

Beispiele: 

A: Sie versuchen, sich aus der Verantwortung zu stehlen.
B: Sind Sie wütend, weil Sie mit dem Projekt nun allein dastehen?

A: Auf dieses Problem hätten Sie mich viel früher hinweisen müssen.
B: Ich höre: Sie sind verstimmt. Sie wären gern früher darüber informiert worden. Ist das korrekt?

A: Ihr Verhalten in dieser Sache macht mich rasend.
B: Sie sind zornig, weil Sie sich ein anderes Ergebnis gewünscht hätten. Verstehe ich Sie richtig?

 

3.       Ich-Botschaften senden und die Kommunikation selbst zum Thema machen

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Gerade in herausfordernden Gesprächs-Situationen ist es nicht hilfreich, wenn die Gesprächspartner die gegenseitigen Äußerungen permanent ‚in den falschen Hals‘ bekommen. Denn dann gibt unter Umständen ein böses Wort das nächste und am Ende eskaliert das Gespräch total.

Wenn du die Kommunikation selbst zum Thema machst, heißt das im Fachbegriff Metakommunikation: Kommunikation über Kommunikation.

Damit kannst du deinem Gesprächspartner sagen, wie du eine Äußerung verstanden haben möchtest oder wie du sie empfindest. Du gibst quasi eine Regieanweisung für die Wahrnehmung deines Gegenübers. Du kommunizierst darüber, was im Gespräch gerade läuft oder wie es für dich laufen sollte.

Du beschreibst, wie du die Kommunikation wahrnimmst

Durch Metakommunikation kannst du auf eine ruhige und sachliche Art Grenzen setzen. Du begibst dich aus der Position der Beteiligten oder persönlich Angegriffenen heraus. Stattdessen nimmst du die Position einer Beobachterin ein. Das funktioniert besonders gut, wenn auch die andere Person wirklich an einem Gespräch interessiert ist.

Bei der Metakommunikation kannst du deine Gefühle und Wahrnehmungen beschreiben. Dazu brauchst du Mut, offen zu kommunizieren und von dir selbst zu sprechen (Ich-Botschaften). Und die Fähigkeit, dich selbst wahrzunehmen.

Beispiele: 

A: So einen dummen Vorschlag hätte ich von Ihnen nicht erwartet.
B: Mich beschäftigt der Tonfall in diesem Gespräch. Ich wünsche mir mehr Sachlichkeit.

A: Wie kann man sich nur so ungeschickt anstellen?
B: Ich empfinde das als Beleidigung. Dieser Tonfall hilft mir nicht dabei, mit der Aufgabe vertraut zu werden.

A: So zickig heute. Haben Sie Ihre Tage?
B: Diese Art des Angriffs empfinde ich als schädlich für unsere Zusammenarbeit. Unterlassen Sie das.  

 

Weniger Verteidigung, mehr Gestaltung

An diesem Punkt des Artikels ist dir sicher klar: Bei den hier vorgestellten 3 weichen Schlagfertigkeits-Techniken geht es weniger ums Zurückschlagen und Verteidigen. Sondern um verschiedene Formen, mit denen du Kommunikation anders gestalten kannst.

Damit geht es um eine Art der Kommunikation, die sich nicht ums individuelle Gewinnen dreht – sondern darum, Lösungen zu finden. Das wird nicht bei allen Menschen und in jeder Situation ab sofort super klappen. Doch ich bin überzeugt, dass es ein Weg ist, der sich zu gehen lohnt. Von Gespräch zu Gespräch. 

 

Kommunikation ist vielseitig.

Kommunikation hat viele unterschiedliche Spielarten: Du kannst kommunikativ Grenzen setzen und klar ausdrücken, welchen Umgang du dir miteinander wünschst.

Du kannst versuchen, die Perspektive deines Gegenübers zu verstehen und eine gute Lösung für alle Beteiligten zu finden, obwohl du nicht der gleichen Meinung sein musst.

Du kannst Verantwortung für einen Gesprächsverlauf übernehmen, ohne dich für alles rundherum verantwortlich machen zu lassen.

 

Deine Haltung ist wichtiger als jede Technik.

Wichtiger als jede Technik ist die Haltung, mit der du in Kommunikations-Situationen hineingehst. Das kann so aussehen: du respektierst und kennst deine eigenen Grenzen und suchst gleichzeitig nach Austausch und Verständnis. 

Ja, das ist mitunter anstrengend und wird Mut erfordern: doch wenn es klappt, ist es 1000x nachhaltiger und verbindender als der ‚harte Weg‘.