Wie du Unterbrechungen verhinderst

 
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Im ersten Teil dieses Artikels habe ich dir bereits 5 Erfolgs-Strategien gegen Unterbrechungen verraten. Setze sie ein, um dich in Gesprächen gegen das ewige Unterbrochen-Werden durchzusetzen und gehört zu werden. In diesem Artikel folgen nun weitere 5 Tipps, wie du Unterbrechungen verhinderst. Such dir die Strategien raus, die etwas in dir zum Klingen bringen und die dir momentan entsprechen.

Du musst nicht alles zugleich anwenden und sofort umsetzen. Geh in das nächste schwierige Gespräch oder in ein herausforderndes Meeting mit einer Strategie rein, um Unterbrechungen zu verhindern – und probiere sie für dich aus.

Und das nächste Mal probiere vielleicht eine andere. Jedes neue Verhalten erweitert dein Repertoire: so wirst du Herausforderungen und Unterbrechungen immer sicherer und souveräner begegnen und sie erfolgreich verhindern. Am besten, noch bevor die Unterbrechungsversuche überhaupt gestartet werden.

Hier nochmal ein Überblick über die bisherigen Strategien.

 

Wie du Unterbrechungs-Versuche erfolgreich verhinderst:

1. Visualisiere dein Gesprächs-Ziel.

2. Bleib dran, bleib dran, bleib dran.

3. Such dir Unterstützung und unterstütze Frauen*.

4. Setz deinen Körperausdruck effektiv ein.

5. Kommuniziere kraftvoll.

 

Bevor wir nun mit 5 weiteren Strategien gegen Unterbrechungen weitermachen, lass mich deine Aufmerksamkeit noch auf einen wichtigen Punkt lenken:  

 

Sei dir bewusst, wieviel du in Meetings wirklich sprichst. 

Ja, es gibt das Klischee der ‚redseligen‘ Frauen*, die nicht mehr zu sprechen aufhören, wenn sie einmal angefangen haben. Das passiert vielleicht im engagierten und vertrauten Zwiegespräch mit einer Freundin. Im Business-Kontext trifft es zumeist nicht zu.

In vielen Meeting-Gesprächen und Business-Konversationen nehmen sich in gemischtgeschlechtlichen Gruppen Männer deutlich mehr Raum zum Sprechen.

Der Rede-Anteil der Frauen nimmt desto mehr ab, je weniger sich im Raum befinden. Das zieht auch folgende Konsequenz nach sich: je weniger Frauen sich im Raum befinden, desto mehr werden die Anwesenden unterbrochen.

Daraus folgt: Mach dir bewusst, wieviel du dich wirklich im Rahmen eines Meetings einbringst und sprichst. Vielleicht sagst du eher zu wenig, als zu viel. Das hängt auch damit zusammen, dass Männer und Frauen in unterschiedlichem Maße Bestätigungs-Signale einsetzen, um ein Gespräch am Laufen zu halten.

Während Frauen tendenziell viel bestätigen, durch Kopfnicken, Lächeln, zugewandte Körperhaltung oder Einwürfe wie ‚hm‘ und ‚ja‘, machen Männer davon wenig Gebrauch. Wer aber weniger ermunternde Signale bekommt, hört auch früher wieder auf zu sprechen.

Frauen machen oft die ‚Kommunikations-Arbeit‘ und füttern das Gespräch mit ihrem Engagement und ihren Interesse-Bekundungen, ohne selbst davon zu profitieren.

Nimm dir selbstbewusst deinen Raum beim Sprechen. Sprich auch, wenn dir nicht alle begeistert zunicken oder du auf Widerstand stößt. Und wähle umgekehrt genau aus, wem du warum die Sonne deiner Aufmerksamkeit und deines Interesses zukommen lässt.

Und nun: meine Tipps 6 - 10 für mehr Durchsetzungskraft und gegen Unterbrechungen in Gesprächen. Für die Tipps 1-5 bitte einmal hier entlang

 

6.     Sprich strukturiert und verständlich, um Unterbrechungen zu verhindern. 

Wenn du strukturiert und verständlich sprichst, folgen dir alle bis zum Schluss deines Redebeitrags. Deine Zuhörer*innen können sich orientieren und du schließt Zwischenfragen als Grund für Unterbrechungen schon mal aus.   

Stell deinem Redebeitrag eine Gliederung voran. Mach in einem kurzen Überblick klar, worum es gehen wird. Gliedere auch deine weiteren Gedankengänge klar. Wenn du argumentierst, geh vom Grundsätzlichen aus und stell erst danach die Einzelprobleme vor.

Gib am Ende deines Redebeitrags eine abschließende Zusammenfassung. Hebe das Wesentliche hervor – und schließe deinen Input deutlich ab.

Drück dich so einfach und prägnant wie möglich aus.

Du brauchst dein Wissen nicht zu verbergen – du musst es nur beim Sprechen allen Zuhörer*innen wirklich zugänglich machen.

Du sprichst verständlicher, wenn du kurze Sätze verwendest. Vermeide Schachtelsätze und mach deutliche Pausen.  Fremd- und Fachwörter erklärst du, bevor du weiter mit ihnen arbeitest. Da Fachbegriffe meist nur kurz behalten werden, erläutere sie bei erneuter Verwendung noch einmal. Beschränke dich auf das Wesentliche und vermeide Abschweifungen.

Je klarer und strukturierter du sprichst, umso weniger haben Unterbrechungs-Versuche eine Chance: du verhinderst sie damit, bevor sie entstehen.

7.   Setz deine Stimme bewusst ein. 

Geh mit der Stimme am Ende eines Satzes runter.

Der Erfolg beim Sprechen hängt mit deinen Stimmsenkungen zusammen. Geh am Ende eines Satzes deutlich mit der Stimme runter. Dadurch signalisierst du: Der Gedanke ist zu Ende.

Wenn du ohne Punkt durchsprichst, schalten deine Zuhörer*innen schnell ab. Sie unterbrechen dann, um selbst zum Zuge zu kommen.

Achte auf deine Stimmlage.

Deine Stimme umfasst die Spanne zwischen dem tiefsten und dem höchsten Ton, den du triffst. Stell dir 3 gleich große Abschnitte von unten nach oben unterteilt vor. Die Stimmlage, in der du mit dem geringsten Kraftaufwand ausdauernd sprechen kannst, liegt im oberen Teil des unteren Drittels deines Stimmumfangs.

Bei großer emotionaler Beteiligung, Stress oder wenn du laut wirst, rutschst du leicht aus dieser Stimmlage raus. Dann sprichst du überhöht: deine Verständlichkeit leidet. Sprich besser im ‚Brustton der Überzeugung‘. Dieser Begriff beschreibt deine natürliche Sprechstimmlage sehr gut.

Mach Pausen.

Optimal ist, wenn du ‚angemessen schnell‘ sprichst. Deine Sätze sollten weder auseinanderfallen, noch ineinander übergehen. Mach zwischen deinen Sätzen deutliche Pausen. Es ist paradox: Pausen erhöhen deine Verständlichkeit und verhindern gleichzeitig, dass du unterbrochen wirst.  

Artikuliere deutlich.

Eine deutliche Aussprache ist wichtiger als deine Sprechlautstärke. Wenn du laut sprichst, rutschst du leicht aus deinem Hauptsprechtonbereich raus. Durch deutliche Artikulation kannst du leiser sprechen und der Fokus richtet sich auf das, was du sagst.

 

8.     Sichere dir den optimalen Platz im Raum.

Sichere dir zu Beginn des Meetings den optimalen Platz am Tisch. Von dort aus solltest du den Überblick über den gesamten Raum haben und alle Anwesenden leicht sehen, ohne dir den Kopf zu verrenken.

Es ist sinnvoll, wenn du die Tür im Blick hast. So musst du dich nicht umdrehen, wenn jemand zu spät kommt oder Störungen von außen auftreten.

Finde heraus, wo die Person sitzt, die die Entscheidungen trifft oder zu der sich alle Anwesenden hin orientieren. Diese Person sollte dich gut sehen können. So fällt es dir leichter, mit ihr Blickkontakt aufzubauen.

Der beste Platz ist jedoch nicht unbedingt direkt gegenüber der Schlüsselperson. Ein Gegenüber-Sitzen fordert Konfrontationen heraus und kann in Sachdiskussionen hemmend wirken.

Für viele Gesprächs-Situationen bietet sich das Übereck-Sitzen in einem 90-Grad-Winkel an. Das ist die typisch entspannte Konversations-Stellung, in der Problemlösungen besonders gut klappen.

Wenn du Arbeitskolleg*innen hast, mit denen es in Meetings immer wieder zu Spannungen kommt, vermeide es, direkt neben ihnen zu sitzen. Nebeneinandersitzen erzeugt großen Stress, wenn es auf der Beziehungs-Ebene Spannungen gibt.

Positioniere dich so, dass du die optimalen Start-Voraussetzungen in dem Raum hast, um deine Themen einzubringen und an ihnen dranzubleiben.

 

9.     Gib deinen Zuhörer*innen deutliche Signale, dass sie weitersprechen können. 

Wer spricht, hat das Rederecht. Wer unterbricht, nimmt es der gerade Sprechenden weg. Durch deutliche Signale sagst du deinen Zuhörer*innen: ‚Jetzt bist du dran‘ und reichst das Rederecht aktiv weiter.  Damit verhinderst du, dass du beim Sprechen unterbrochen wirst.

Diese deutlichen Signale von deiner Seite aus können sein:

  • Du schließt deinen Satz ab und gehst mit der Stimme runter.

  • Du blickst deine Gesprächspartner*innen während deines letzten Satzes erwartungsvoll an.

  • Du lehnst dich in deinem Stuhl zurück.

  • Du verringerst deutlich die Lautstärke, in der du sprichst.

  • Du reduzierst deine Sprechspannung.

All diese stimmlichen und körperlichen Signale tragen dazu bei, einen reibungslosen Übergang zwischen deinem Sprechen und den Äußerungen anderer Personen zu ermöglichen. Und zwar ohne Gerangel um das Wort.

Setz diese Zeichen für eine erfolgreiche Übernahme des Rederechts bewusst ein und gib die Möglichkeit zu einem Sprecher*innenwechsel. Es gibt besonders ideale Stellen, um einen Übergang zu schaffen: wenn du das Wichtigste gesagt hast oder wenn du das Thema wechseln würdest.

Ansonsten kann es sein, dass Unterbrechungen provoziert werden, und zwar zum falschen Zeitpunkt.

 

10.     Sprich das Verhalten der unterbrechenden Person an. 

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Der unterbrechenden Person ist es gelungen: sie ist dir ins Wort gefallen und hat es an sich gerissen. Du kannst die Unterbrechung selbst jetzt nicht mehr verhindern. Aber du kannst dich dagegen wehren, dass du unterbrochen wurdest. Sprich das Verhalten direkt an, indem du sagst:

‚Sie haben mich unterbrochen. Ich war noch nicht fertig.’

Wenn Männer das Sprechen von Frauen auf der gleichen Hierarchieebene unterbrechen, brauchen sie Studien zufolge nur einen minimal höheren Energieaufwand. Diese geben das Rederecht ab, ohne um den Erhalt zu kämpfen.

Aber wer mehr spricht, setzt die Themen und bekommt auch mehr Lorbeeren. Gib dich nicht kampflos geschlagen, wenn dich jemand unterbrochen hat. Zieh eine Grenze und verhindere damit zukünftige Versuche. Bleib dabei klar und direkt.

Sprich das Verhalten nach dem Meeting an.

Warst du einfach baff und sprachlos, als du unterbrochen wurdest? Das kann passieren. Überlege, wie du die Unterbrechung beim nächsten Mal verhindern kannst. Eine Strategie dafür ist: ansprechen!

Wut und Ärger sollten schon abgekühlt sein, wenn du das Gespräch suchst. Drücke klar aus, was passiert ist und wie es dir damit geht. Ohne Vorwürfe und Kritik.

Ein Modell für so eine Rückmeldung kann mit dem 4-Schritte-Modell aus der ‚Gewaltfreien Kommunikation‘ so aussehen:

  1. Beschreiben, was passiert ist: ‚Als ich vorhin im Meeting das Thema XYZ erklärt habe, hast du mich mit den Worten ABC unterbrochen.‘

  2. Das damit verbundene Gefühl beschreiben: ‚Ich war wütend.‘

  3. Das Bedürfnis benennen: ‚weil mir ein respektvoller Umgang sehr wichtig ist, durch den sich alle gleichermaßen einbringen können.‘

  4. Die Bitte formulieren: ‚Bist du bereit, mir das nächste Mal Zeit zu lassen, bis ich ein klares Zeichen gebe?‘